Loggen

Was verstehe ich unter dem Begriff "Loggen"?
Physikalische Vorgänge, die sich im Flugmodell abspielen, möchte ich nach dem Flug (in aller Ruhe) Schritt für Schritt nachvollziehen.
Dazu werden "Logger" gebraucht, die die Informationen während des Fluges sammeln und aufzeichnen. Wenn sie gut sind, schicken sie auch eine Teilmenge der Informationen zu dem Piloten runter.

Warum mache ich das?
Da mich die Flugtheorie begeistert, möchte ich natürlich wissen, was in dem Modell passiert, während theoretisch dies und jenes passieren sollte. In der Vergangenheit hat sich immer wieder rausgestellt, das meine Überlegungen zu kurz gedacht sind. Die Realität ist sehr komplex, macht aber darum umso mehr Spaß.

Welche "Hilfsmittel" bzw. "Logger" benutze ich?
Angefangen hat es mit einer Bekanntschaft. In meinem Lieblings-Heli-Forum habe ich den Ingo kennen gelernt. Er hat viele Jahre beruflich Microcontroller-Systeme entwickelt und macht dies in der Freizeit auch für den Modellbau. Mein Glück war es, dass er auch Fernsteuerungen von MULTIPLEX benutzt und ich seine Sensoren unverändert für meine Fernsteueranlage übernehmen konnte. Zusätzlich habe ich auch einige "normal" gekaufte Sensoren im Einsatz.
Multisensor Board gekaufte Sensoren

Neben den physikalischen Sensoren habe ich einen weiteren Logger im Modell verbaut, der mir meine Empfängerausgänge mitprotokolliert. Vor dem Erstflug werden alle Ruder langsam und stufenweise von dem Minimal- in den Maximal-Ausschlag bewegt. Dabei messe ich den Winkel des Ruders und lasse gleichzeitig den Logger mitlaufen. Somit habe ich eine Umrechnungsfunktion für jedes Ruder, die mir nach dem Flug den Soll-Stand der Ruderwinkel anzeigt. Interessant für z.B. Polaren-Flüge sind die Flugabschnitte, in denen möglichst nicht gesteuert wurde. Oder auch die Stellung der Wölbklappen während diese Messvorgangs.
Empfängerausgangs-Logger im Bau Empfängerausgangs-Logger fertig

Die saubersten Messwerte bekommt man dann, wenn die Luft noch ruhig ist. Darum sind windstille Tage frühmorgens am besten. Hier ein Bild meiner "Bodenstation" während der Flugvorbereitungen (sie zeigt noch Temp. (Tendenz fallend) und Feuchtewerte von daheim drinnen an ☺). Laut Anzeige habe ich noch 5 Minuten Zeit, bis zu dem (rechnerischen) Sonnenaufgang. Das zweite Bild wurde nach den Loggflügen gemacht. Im Verlauf des Luftdruckes sieht man, wie er mit dem Sonnenaufgang zunimmt.
Bodenstation vor dem Flug Bodenstation nach den Flügen

So sieht es dann aus, wenn die Messdaten auf den Rechner kopiert und ins AutoCAD importiert wurden. Das Bild ist in drei horizontal Bereiche eingeteilt. Oben sind die Daten der physikalischen Sensoren zu sehen. In der Mitte sind Informationen rund um den Elekroantrieb (Starthilfe) und unten alle Daten, die von der Fernsteuerung an das Modell geschickt wurden.
Messdaten

Der erste Blick auf die Daten ist enttäuschend. Weder die Geschwindigkeit, noch das Variosignal zeigen die gewollten konstanten Bereiche, die benutzt werden sollen um die gesamt Polare des Fliegers zu bestimmen. Die untersten Linien zeigen, dass in dieser Zeit nicht bzw. so gut wie nicht gesteuert wurde. Somit scheint der Flieger diese Schwingung von alleine auszuführen.

Der zweite Blick weckt allerdings schon wieder mein Interesse. Warum sind die Unstetigkeiten so wellenförmig und vor allen Dingen warum sind sie so regelmäßig? Das Modellsegelflugzeug scheint um seine Querachse zu schwingen. An dem Morgen gab es keinen Wind bzw. keinen Thermikeinfluss. Die Schwingfrequenz ist recht gleichmäßig, die Amplituden werden kleiner, also ist eine Dämpfung vorhanden. Vom Boden aus hat man die Pumpbewegung nicht gesehen. Hätte man in diesem Segler gesessen, so hätte man die sich veränderte Schwerkraft (von 0,8g bis 1,2g) durchaus deutlich gemerkt.
Also schnell noch einen Flug gemacht, der speziell diese Schwingungen recht sauber zeigt:
Messdaten

OK, Ziel eins nicht erreicht, aber eine neue Aufgabe gewonnen.
Das ist das, was mich an der Kopplung Flugtheorie ⇔ Meßdaten-Abgleich so fasziniert, man lernt viel und es wird bestimmt nicht langweilig. ☺

Im nächsten Schritt wird der Segler mit Geschwindigkeits-Sensoren wie auch einer TEK-Sonde ausgestattet, damit dieser Effekt genauer untersucht werden kann. Somit bin ich dann nicht mehr nur auf die Auswertung der Flugzeug-Positionen (über die Zeit gesehen) => GPS-Daten angewiesen, sondern kann die Geschwindigkeit direkt messen.
Durch den zusätzlichen Einsatz einer TEK-Sonde wird das Vario-Singal aussagekräftiger, weil sogenannte Knüppelthermik automatisch rausgefiltert wird.

Wenn man den Messwerten nicht einfach nur blind vertrauen will, muss man sie vorher testen bzw. eichen. Das habe ich gerade bei den Geschwindigkeits- Sensoren gemacht. Dazu wurden zwei Prandtlsonden, deren Abstand der Gesamtdruckbohrungen unterschiedlich sind, eine TEK-Sonde und zwei GPS-Logger auf das Autodach gepackt. Die Sonden waren über dem Autodach und sehr weit vorne, damit die Strömung um die Motorhaube die Messwerte nicht verfälscht. Die Messfahrten habe ich so gemacht, dass ich die Messstrecke mit konstanter Geschwindigkeit (Tempomat) komplett vor und auch wieder zurück gefahren bin. Mein Messgehilfe (Danke Jörg) hat mir die im Telemetriedisplay angezeigte GPS-Geschwindigkeit vorgelesen, damit ich den Tempomat auf 10 Km/h Schritte genau einjustieren konnte.
Prandtlsonde 1 Prandtlsonde 2 TEK Sonde
Eichvorrichtung Messfahrt Messfahrt Detail

In den Aufzeichnungen der Messfahrten sieht man vier Linien, die die Geschwindigkeit zeigen (2x Prandtlsonde, 2x GPS-Logger) und unten die grüne Linie, die von der TEK-Sonde kommt. Die TEK Sonde ist ein erweitertes Vario. Ein Vario sollte auf der horizontalen und ebenen Messstrecke überhaupt keinen Ausschlag anzeigen. Diese Sonde reagiert aber auch auf Geschwindigkeitsänderungen. Immer genau dann, wenn ich beschleunigt, oder am Ende der Messstrecke abgebremst habe, sieht man sehr deutliche Ausschläge. Schaut man genau hin, erkennt man sogar, wann ich den nächsten Gang eingelegt habe. ☺
Sensoren eichen

Neben der Fluggeschwindigkeit und anderen Bewegungsformen des Flugzeuges ist die Luft selbst auch ein beeinflussender Faktor der Flugleistung.
Jeder hat schon einmal gehört, das der Luftdruck mit zunehmender Flughöhe abnimmt. Die Meisten haben auch schon gehört, dass die Lufttemperatur mit zunehmender Höhe abnimmt. Vielen ist jedoch nicht so geläufig, dass auch der Luftfeuchtegehalt die Luftdichte beeinflusst. Da ein Messflug (ohne zu steuern) aus möglichst großer Höhe bis in Bodennähe ausgeführt wird, wollte ich den Luftfeuchtegehalt während des Messfluges auch aufzeichnen. Leider weiß man ja erst hinterher, ob sich dieser Aufwand gelohnt hat.
Wenn man schon anfängt weitere Sensoren zu bauen um noch etwas genauer zu werden, dann kann man auch gleich jeweils zwei Sensoren bauen. Einer fliegt mit und der andere verbleibt am Boden und loggt dort Änderungen der Luft während des Messfluges. Gerade in den frühen Morgen- und Abendstunden ändert sich die Lufttemperatur doch recht stark und schnell.
Luftfeuchte Sensor des Seglers Luftfeuchte Sensor der Bodenstation

So sieht es am Flieger aus, nachdem die geeichte Prandtlsonde und die TEK-Sonde an dem Flügel angebaut wurden.
Nach einem Gespräch rund um die Anstellwinkelschwingungen, habe ich den Rat von Herrn Dr. Quabeck angenommen. Darum sitzen die Sonden nicht im Seitenleitwerk, sondern schwerpunktsnah im Flügel. Zusätzlich habe ich im Seitenleitwerk ein wenig überflüssiges Harz mit einer Feile entfernt, um dem Überschwingen ein wenig Trägheitsmasse zu klauen.
Mystique 2.9 mit Sonden am Flügel Mystique 2.9 mit Sonden am Flügel

In dem Falken wurde ein GPS-Logger mitgeführt und die *.nmea Datei in das AutoCAD eingelesen. Eine Besonderheit meiner Importroutine ist, dass auf Grund der GPS-Daten automatisch nach einem von mir öfter genutzten Fluggebiet gesucht wird und bei einer Übereinstimmung, dessen Katasterdaten automatisch unter den Flug gelegt werden. Außerdem werden einzelne Linienteilstücke auf Grund ihres Wertes gleich entsprechend eingefärbt, damit das Bewerten/Einordnen in Bereiche (viel/wenig bzw. schnell/langsam) leichter fällt.
Jeder Sensorwert wird außerdem einmal auf der Zeitachse aufgetragen und einmal über dem geflogenem Kurs. In beiden Fällen stehen Zeitmarken zur Verfügung, damit in beiden Darstellungsformen der gesuchte Zeit-Bereich leicht gefunden wird. Zusätzlich bekommt jeder Sensor einen eigenen CAD-Layer, damit die Daten beliebig ein- und ausschalbar sind, oder mit einer anderen Farbe belegt werden können.
Flug 01 mit Falke